Brad Downey
Flupp Blubb Boing
15. Februar – 14. Juni 2020

Nach einem politisch brisanten Start in die ‚Neuen Zwanziger‘ freut sich der Kunstverein Arnsberg nun auf einen Künstler, der internationale Konfliktpunkte mit der richtigen Portion Komik zu kombinieren weiß: Brad Downey.

 

Die unterhaltsame Biografie in der neuesten Publikation des in Kentucky geborenen Künstlers –Slapstick Formalism: Process, Project, Object (2019) – wie seine Werke zeigen, dass er im wörtlichen und weiteren Sinne Grenzen überspringt und wie ein Flummi von Land zu Land und Kontinent zu Kontinent hüpft: eine Bewegung, die man durchaus mit dem lautmalerischen Titel in Verbindung bringen könnte.

 

Über ein Jahrzehnt konzentrierte sich Downey darauf, die Stadt in einen Spielplatz zu verwandeln. Durch spontanen Regelbruch und die Umgestaltung urbaner Strukturen sorgten seine minimalistischen und humorvollen Arbeiten beinahe immer für einen angenehmen Schock: Drehende Litfasssäulen wurden in riesige Spulen verwandelt, Pflastersteine zu einem Kartenhaus gestapelt, ein Früchte tragender Apfelbaum wuchs über Nacht aus einer Baustellengrube, unter Gehwegplatten wurde eine Sandburg gebaut.

 

Nun nennt er seine Ausstellung Flupp Blubb Boing. Was albern klingt, offenbart erst im Hinblick auf die ausgewählten Arbeiten und die Herkunft des Künstlers seinen Sinn. So verbergen sich hinter der Leichtigkeit des Titels vergleichsweise schwere, gesellschaftliche und politische Themen. In Arnsberg sind Verweise auf die anhaltende Krise der US-amerikanischen Regierung, technologische Kriegsführung, den möglichen Untergang der Demokratie, die Herrschaft der Medien, Fake News, Zensur, kulturelle Aneignung und das Patriarchat des weißen Mannes zu entdecken. Im Titel manifestiert sich damit ein Konzept, dem auch Downeys Arbeiten folgen: Sie erscheinen leichtfüßig und lassen erst auf den zweiten Blick ihren oftmals ernsten politischen und philosophischen Kontext erkennen. Diese durchaus kalkulierte Wahrnehmungsverschiebung – vom angenehmen Kunstgenuss hin zur Konfrontation mit kritischen Themen – hat der Künstler derart verinnerlicht, dass sie sich auch als ‚Downey-Moment‘ beschreiben ließe.

Im Zentrum der Ausstellung stehen Arbeiten aus dem fortlaufenden Werkkomplex Melania (seit 2019). Downey reiste auf den Spuren der First Lady – erstmals keine geborene US-Amerikanerin – durch Slovenien. In der Umgebung ihrer Heimatstadt Sevnica entdeckte Downey die weitverbreitete Tradition von Kettensägen-Skulpturen und traf auf den Kettensägen-Künstler Ales „Maxi“ Zupevc. Er beauftragte den im gleichen Jahr und Krankenhaus wie Melania geborenen Slovenen mit dem ersten öffentlichen Denkmal für die First Lady. Vorlage war lediglich ein Foto, das während Trumps Amtseinführung aufgenommen wurde. Maxis eher abstrakte Holzfigur thront nun, fest verwurzelt mit dem slowenischen Boden, auf einem Baumstumpf außerhalb Sevnicas. 

 

Das internationale Medienecho war überwältigend. Beunruhigender Weise wurde jedoch beinahe jede Berichterstattung zum Example für die Gefahren, die sich aus der Kombination von dürftiger Recherchearbeit und viraler Verbreitung ergeben: Der erste Teil aus Downeys Melania-Serie wurde weitestgehend ignoriert. Wenigen dürfte bekannt sein, dass er nicht allein aus der Holzfigur, sondern vor allem aus einem Video-Essay besteht. Maxi wurde während des Entstehungsprozesses der Skulptur von Downey und seinem Kamerateam begleitet. Es ist ein bewegendes Porträt des slowenischen Künstlers entstanden, das einen tiefen und privaten Einblick in dessen Heimat gewährt. Die Analogie der zwei verschiedenen Lebensgeschichten, die zur gleichen Zeit und am gleichen Ort ihren Ursprung haben, macht darüber hinaus deutlich, welche Faszination und Wirkmacht noch immer vom ‚Amerikanischen Traum‘ ausgeht. 

 

Die Arbeit lässt sich nicht zuletzt als Monument für den allmählichen Untergang des humanistischen und demokratischen Erbes vergangener Jahrhunderte verstehen. Der Amtsantritt von Donald Trump am 20. Januar 2017 markiert dabei nur einen Meilenstein: Im Abendland des 21. Jahrhunderts ist es dunkel geworden – nicht zuletzt, weil die westliche Welt von einem Präsidenten co-abhängig ist, dessen Handeln auf Twitter-Nachrichten beruht. 

 

In der Melania-Serie wird deutlich, welchen Deutungsraum Downeys Arbeiten aufmachen. Der Künstler urteilt nicht, sondern macht vielmehr begreiflich wie schwer zu durchschauen ist, wer hier auf Erden die zerstörerischen Kräfte dirigiert. Um so heilender erscheint seine Kunst, die uns mit genügend Abstand und Dada versorgt, um die Geschehnisse zu ertragen: Schließlich kann sich ein Szenario, in die spannungsgeladenen Situationen dieser Welt ihr explosives Potential entfalten, kaum mächtiger und beängstigender gestalten, als der Zusammenprall zweier Schwarzer Löcher. Dank der Wissenschaft ist klar, dass diese Kollision lediglich ein kleines ‚Flupp’ oder ‚Blubb’ erzeugt.

 

In diesem Sinne: Lasst die Korken knallen und die ‚Neuen Zwanziger‘ beginnen!

 

Text: Lydia Korndörfer