Jan Peter Hammer
Die Unsichtbare Hand
3. Februar – 18. März 2012

“Fiction reveals truth that reality obscures.” (Ralph Waldo Emerson)
 

Kunstverein Arnsberg freut sich die Soloausstellung Die Unsichtbare Hand des deutschen Künstlers Jan Peter Hammer, geboren in Kirchheim unter Teck, anzukündigen. Jan Peter Hammers künstlerische Praxis dreht sich um Narration und die Artikulation von Text und Bild. Der Künstler arbeitet häufig mit Videoinstallationen und synchronisierten Diaprojektionen, in denen sich reale Ereignisse und fiktive Geschichten überschneiden.

Ausgangpunkte der Ausstellung in Arnsberg sind die beiden neusten Videoarbeiten des Künstlers The Fable of the Bees und The Anarchist Banker sowie der Film Der Ausflug. Alle drei Arbeiten sind Reflexionen über die Konsequenzen eines rücksichtslosen Individualismus und freier Wirtschaft.
 

The Fable of the Bees ist ein Gedicht aus dem Jahr 1705 von Bernard Mandeville, indem der Autor das wenig eingängige Argument vertritt, dass tugendhafte Menschen der Gesellschaft und Welt als solchen schaden, weil sogenannte Laster wie Egoismus und Habgier zu sozialem Wohlstand - Altruismus und Ehrlichkeit dagegen zu kollektivem Atavismus und Investitionsabbau führten. In Gestalt einer You Tube Home Produktion, zeigt Jan Peter Hammers gleichnamiges Video einen jungen ehrgeizigen Mann der unwissentlich Mandevilles Überlegungen in die Jetztzeit überträgt. Dabei wird ein weiteres Mal das Sprichwort illustriert, dass „zweckmäßig denkende Menschen, die sich von jedem intellektuellen Einflüssen frei glauben, gewöhnlich Sklaven eines längst widerlegten Ökonomen sind.“ (J.M. Keynes).
Frei nach der 1922 geschriebenen Kurzgeschichte The Anarchist Banker des portugiesischen Dichters Fernando Pessoa verlegt Jan Peter Hammers den Plot in eine Fernsehtalkshow, deren Moderator, in der Zeit direkt nach der Finanzkrise 2008, den ehemaligen CEO einer Investmentbank interviewt. Der Dialog des Originals ist soweit adaptiert um die neo-liberalen Praktiken der Finanzindustrie die im credit crunch resultierten, zu reflektieren. Die Worte des Bankiers Arthur Ashenking führen uns durch ein geschichtliches Grundverständnis, zwischen Max Stirners Schriften und Milton Friedmans ökonomischen Grundsätzen.

Der Ausflug ist die ironische Illustration einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung: Zwei junge Leute treffen zu ihrem ersten Date an einer bukolischen See. Doch ihre Erwartungen unterscheiden sich; die junge Frau ist in romantisch gestimmt; ihr Partner hingegen nutzt den Nachmittag lieber dazu, an einem Essay über die „Unmöglichkeit der Liebe unter der Vorherrschaft von rational choice“ zu schreiben – einer These die ironischerweise seine eigene momentane Situation in akkurater Weise beschreibt.

Die Vergangenheit ist unberechenbar und die Weise in welcher wir vergangene Erfahrungen rekonstruieren ist ebenso offen, wie wenn sich Geschichte selbst erzählt. Das Selbst und die Gesellschaft sind so in einem dialektischen Zirkel gefangen. Erzählen ist ein rekursives Wechselspiel in dem persönliche Geschichten sich vor dem Hintergrund historischer Leitmotive abzeichnen. Jan Peter Hammers viele Filmfiguren sind sowohl vertraut also auch einzigartig, alltäglich also auch besonders, idiosynkratisch und klischiert. Wie von einer unsichtbaren Hand geführt, sind ihre innersten Überzeugungen Ausdruck des Zeitgeists und ihre rationalen Gewissheiten gründen auf Ideologien, dennoch halten sie stand.


Zusammen mit den oben genannten Werken umfasst Die Unsichtbare Hand eine Auswahl ergänzender Arbeiten: eine Wandinstallation, eine Neonarbeit, Fotografien und frühe Videos, die dem Besucher der Ausstellung eine umfassende Sicht auf die vielschichtige Praxis des Künstlers ermöglichen.

 

Jan Peter Hammer, Plakat zur Ausstellung im Kunstverein Arnsberg, 2012