Zeitgeister
28. Oktober – 20. November 2022
Kasia Fudakowski, Fabian Knecht, Inge Mahn, Hella Mewis, Pixelated Realities, Benedikt Terwiel, Vlado Velkov, u.A.

Zeitgeister, Ausstellungsansicht im Kunstverein Arnsberg, 2022

Das Wort Zeitgeist hat keine weibliche Form und keinen Plural. Es verzichtet auf Diversität. Es beharrt auf den einen und einzigen Zeitgeist. So begehen wir mit dem Titel dieser Ausstellung eine sprachliche Ordnungswidrigkeit, die eine inhaltliche widerspiegelt.

Die deutsche Konzeption des Zeitgeistes ist eine Weiterführung des lateinischen Begriffs genius loci (Geist des Ortes), der in der römischen Mythologie den Schutzgeist eines Ortes bezeichnet. Während genius loci heute allgemein als die geistige Atmosphäre eines Ortes wahrgenommen wird, ist die Bedeutung von Zeitgeist weiterhin im Wandel. Aufgrund der vielen möglichen Bedeutungen und Definitionen, lässt sich der Begriff Zeitgeist nicht so einfach als Geist der Zeit übersetzen und verwenden. Dennoch wurde er als Lehnwort ins Englische und ein Dutzend weiterer Sprachen aufgenommen. Meinen wir also den gleichen Zeitgeist in Arnsberg, Kiew und New York?

Es ist einfacher über Zeitgeist im Kontext der Geschichte zu sprechen und die Ereignisse einer Epoche unter dem Einfluss des Zeitgeistes zu ordnen und werten. Würden wir den Zeitgeist im Kontext unserer Jetzt-Zeit betrachten, so müssten wir seine Rolle immer wieder überprüfen. In Bezug auf die Gegenwart wird seine Bedeutung von so vielen Faktoren wie soziale, kulturelle und religiöse Implikationen bestimmt, die nicht nur stark abweichen können, sondern auch oftmals konträr agieren.

Heute wäre der Zeitgeist vielleicht im Kontext von Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel zu finden: Themen, die alle Völker und Kulturen betreffen. Der Zeitgeist ist darüberhinaus in einem weiteren geheimen und vertrauten Ort zu finden: in unserer Hand. Er ist immer für uns da und tritt via Handy in Erscheinung. Spielerisch und subversiv erzählt er uns von der weiten Welt, von Freunden und Ereignissen, die unsere Weltanschauung als Zeitgeist prägen. Mit dem Wachstum sozialer Netzwerke, die dem Zeitgeist eine neue Bühne geben, wächst auch die Kluft zu Museen und Bibliotheken, die als Orte der Reflektion, Kultur und Wissenschaft ein Refugium für intellektuelle Auseinandersetzung bieten. Laut Goethe ist der Zeitgeist ein Übergewicht gesellschaftlicher Gruppen, das das Wesen der Zeit antreibt.

Laut Polke sind es die höheren Wesen, die die künstlerische Handlung treiben. Aber was passiert wenn der Zeitgeist auf höhere Wesen trifft? Und was geht ab, wenn dies gerade in Arnsberg passiert? Mit etwas Humor, einer Ausstellung und einer ausführlichen Publikation versuchen wir mit dem Projekt diese Haltung zu erkunden, die Charakter prägt und die Geister durcheinander wirbelt.

Gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.