Ana Alenso
Island Innovator
22. März – 19. Mai 2024

Die Ausstellung ISLAND INNOVATOR von Ana Alenso (VEN) widmet sich der künstlerischen Frage, wie sich Körper im Spannungsfeld von Technologie und ihren Materialitäten konfigurieren. Die Grenzen und Dualismen zwischen Mensch und Technologie, Subjekt und Objekt, Materiellem und Immateriellem scheinen aufgebrochen.
Sind die Maschinen, mit denen wir Menschen kilometertief in der Erdkruste nach Öl bohren, eine Verkörperung des menschlichen Begehrens und Verlangens nach Kapital und nach immer mehr?

Der künstlerischen Arbeit von Ana Alenso geht eine intensive Recherche voraus. Thematisch und formal beschäftigt sie sich mit der globalen Abhängigkeit von Ressourcen und der damit einhergehenden politischen, sozialen und ökonomischen Ausbeutung. Feldstudien und wissenschaftliche Berichte sowie der zwischenmenschliche Austausch mit Umweltaktivisten bilden die Grundlage ihrer Recherchen. Die in Venezuela aufgewachsene Künstlerin beschäftigt sich in ihren Projekten meist mit konkreten Fallbeispielen wie der internationalen Ölindustrie oder dem Goldabbau in Lateinamerika und den damit verbundenen Folgen für die Natur und die Menschen vor Ort.

Ihre Solo-Ausstellung ISLAND INNOVATOR ist eine Gesamtassemblage aus Skulptur, Installation, Fotografie und Video.
Die Installationen und Skulpturen bestehen aus Gerüstelementen, Schläuchen, Rohren und Fässern - oft Fundstücke von Schrottplätzen. Alenso fügt gefundene technologische Spuren des Extraktivismus zu poetischen, industriellen und dennoch düsteren dystopischen Skulpturen zusammen. Sie bilden Gleichgewichte und Kreisläufe, in denen Konzepte wie Flüssigkeit, Unendlichkeit, Vertikalität aber auch Fehler eine materielle Form und Position annehmen.

Nach einem Künstleraufenthalt in Las Palmas, Gran Canaria, im Winter 2023, schafft Alenso für diese Ausstellung neue Arbeiten, die sich mit dem überwältigenden und zugleich verführerischen Gefühl auseinandersetzen, wenn man dort mit den Offshore-Plattformen im Hafen konfrontiert wird: ihre Größe, der ständige Strom von Menschen, die dort arbeiten, das Dröhnen der Maschinen und der Geruch von Öl, der von ihnen ausgeht, dringen in den Körper ein, selbst wenn man es nicht will.  
Auf der Insel Las Palmas liegt die Plattform "Island Innovator", die nur für ein paar Tage zur Wartung geparkt wurde, bevor sie ihre Reise nach Sierra Leone in Afrika fortsetzt, wo sie derzeit 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche den Meeresboden nach Öl anbohrt. Früher richtete sich die Navigation nach dem Stand der Sterne. Heute nutzt man Informationen von hochspezialisierten Satelliten, die in Hunderten oder gar Tausenden von Kilometern Höhe über der Erde kreisen und sich jenseits der Stratosphäre befinden. Diese Satelliten sind für die Überwachung der intensiven und umfangreichen Ölförderung aus dem Meeresboden zuständig. So entsteht eine Verbindung zwischen zwei völlig gegensätzlichen und extremen Orten unseres Planeten.

In einer neuen Videoinstallation spekuliert Alenso über die Anwendung der Satellitentechnologie für diese Tiefsee-Ölförderung und erforscht gleichzeitig in weiteren neuen Installationen das skulpturale Potenzial von Bohrinseln, indem sie diese als Strukturen oder Körpermaschinen, die die mit der Offshore-Ölförderung verbundenen Risiken verkörpern, neu interpretiert.

Deepwater Horizon (2023) ist eine Installation, die auf umfangreichen Recherchen zu Offshore-Plattformen im Atlantik basiert. Im Mittelpunkt der Installation steht die Deepwater Horizon-Ölkatastrophe, die sich 2010 vor der Küste der USA im Golf von Mexiko auf der von BP betriebenen Ölplattform Macondo ereignete. Sie gilt als eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der Menschheit. Um die Architektur und die ökologischen Gefahren dieser Plattformen zu veranschaulichen, hat Alenso einen geschlossenen Kreislauf entworfen, eine skulpturale Installation, die durch den Einsatz von Licht, Wasser, Öl und Nebel aktiviert wird. Bei der Komposition des Kreislaufs wurden bewusst recycelte, wiederverwendete und wiederaufbereitete Materialien wie Hydraulikzylinder, Metallrohre und Schläuche verwendet.

Ana Alenso nahm an künstlerischen Aufenthalten am Goethe Institut Chile, der Villa Sträuli in der Schweiz und Urbane Künste Ruhr in Dortmund teil. Zu den jüngsten Ausstellungen gehören: Geneva Biennale: Sculpture Garden in der Schweiz, Street Fight im Museum of Modern Art in Warschau, Polen; Oil, Beauty and Horror in The Petrol Age im Kunstmuseum Wolfsburg; The Garden Bridge im Brücke Museum, El Museo de la Democracia in NGBK und Terrestrial Assemblage in der Floating University in Berlin. Sie hat einen MFA in Art in Context von der Universität der Künste Berlin (2015), einen MFA in Media Art & Design von der Bauhaus-Universität Weimar (2012) und einen BA von der Armando Reverón Arts University in Venezuela (2004).

Text: Pauline Doutreluingne